Köln (KDA), 17. September 2009 - Rund 300.000
Menschen leiden allein in Nordrhein-Westfalen an einer Demenz. „Um diese
Menschen und ihre Angehörigen zu unterstützen, hat das Land
Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit den Pflegekassen Projekte zu ihrer
Information und Aufklärung, zu ihrer sozialen Teilhabe und zur Entlastung
pflegender Angehöriger initiiert und gefördert", erklärt Ministerialrat
Roland Borosch vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des
Landes NRW (MAGS) auf einer Pressekonferenz des Kuratoriums Deutsche
Altershilfe (KDA) im Vorfeld des Welt-Alzheimertages in Köln.
Alle Aktivitäten des
Landesgesundheitsministeriums für diese Menschen werden in der
Landesinitiative Demenz-Service NRW gebündelt, die vom KDA koordiniert
wird. In Rahmen der Landesinitiative werden auch Projekte wie „Wir tanzen
wieder" und „NADiA - Neue Aktionsräume für Menschen mit Demenz und ihre
Angehörigen" gefördert. „Mit solchen Projekten stärken wir die Bewegung
und Mobilität dieser Menschen, leisten gleichzeitig einen wichtigen
Beitrag zu ihrer sozialen Integration und damit zum Erhalt ihrer
Lebensqualität", so Borosch weiter.
Wissenschaftliche Studien, wie
beispielsweise die vom Institut für Pflegewissenschaft der Privaten
Universität für Gesundheitswissenschaften und Technik in Tirol und der
Ulmer Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik,
bestätigen, dass ältere Menschen von regelmäßigen körperlichen Aktivitäten
sowohl körperlich als auch geistig profitieren. Die damit verbundenen
positiven Effekte für Herz- und Kreislauf sowie für die Durchblutung des
Gehirns können sogar präventiv gegen die Entwicklung von Demenzen wirken
oder doch zumindest deren Verlauf verzögern. Diese Erkenntnisse sind vor
dem Hintergrund der wachsenden Zahl Demenzkranker von nicht zu
unterschätzender Bedeutung.
So hat auch das von Juni 2005 bis Mai 2007
durchgeführte Modellprojekt „fit für 100" des Instituts für Bewegungs-
und Sportgerontologie der Deutschen Sporthochschule Köln eindrucksvoll
gezeigt, wie moderates Krafttraining den Gesundheitszustand und die
Lebensqualität von Menschen mit Demenz erheblich verbessern kann. Am 1.
April 2009 ist das dreijährige Projekt „NADiA - Neue Aktionsräume für
Menschen mit Demenz", das auf „fit für 100" aufbaut und wieder von
Pflegekassen und vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW
gefördert wird, gestartet. Damit haben die Pflegekassen die
gesundheitsfördernden Aspekte des Bewegungstrainings im Rahmen der
niedrigschwelligen Betreuungsangebote bestätigt.
Zu diesem neuen und bundesweit
einzigartigen Bewegungsprogramm stellen die NADiA-Projektleiter Ulrike
und Frank Nieder folgendes fest: „Das Besondere ist, dass Demenzkranke und
ihre Angehörigen gemeinsam trainieren können. Das macht mehr Spaß, stärkt
den Zusammenhalt und das oft belastete Betreuungsverhältnis. Die
Steigerung der Kraft, die Verbesserung der Reaktionsfähigkeit und die
Stabilisierung des Gleichgewichts wirken sich insgesamt positiv auf die
geistige Leistungsfähigkeit und auf die Alltagskompetenz der Demenzkranken
aus. Gleichzeitig ist das Bewegungstraining ein Beitrag zur
Sturzprävention. Angehörige wiederum werden durch die Wiedergewinnung
körperlicher und psychischer Ressourcen bei ihren alltäglichen Betreuungs-
und Begleitaufgaben entlastet."
Von den bisherigen Erfolgen des Projektes
ist auch Gunnar Peeters, Leiter des Referates Pflege beim Verband der
Ersatzkassen e.V. (vdek), sehr angetan: „Die bisherigen Erkenntnisse aus
dem Projekt NADiA belegen eindrucksvoll, dass mit Bewegungsprogrammen für
Menschen mit Demenz der Anstieg des Pflegebedarfs und die
Heimunterbringung verzögert werden können. Dies ist neben dem Gewinn an
Lebensqualität für die Betroffenen auch ein wichtiger Beitrag zur
Kostensenkung."
Dabei ist NADiA nicht das erste
erfolgreiche Bewegungsprojekt der Landesinitiative. Vor zwei Jahren ist
die Aktion „Wir tanzen wieder" an den Start gegangen. Damals hatte das
Demenz-Servicezentrum für die Region Köln und das südliche Rheinland
Paare, die Spaß am Tanzen haben und bei denen ein Partner an Demenz
erkrankt ist, in eine „ganz normale" Tanzschule eingeladen. „Mit
überwältigendem Erfolg", berichtet Projektleiter Stefan Kleinstück vom
Demenz-Servicezentrum. „Etwa 80 Paare waren gekommen, viele hatten sich
richtig schick gemacht und es herrschte eine Bombenstimmung: Lebensfreude
pur." Viele der an Demenz erkrankten Menschen haben im Alltag zwar große
Probleme, aber in der Tanzschule waren sie wie ausgewechselt: „Plötzlich
waren die alten Tanzschritte wieder da, Erinnerungen an frühere Zeiten
wurden wach und man sah eine Menge richtig guter Tänzerinnen und Tänzer",
so Kleinstück weiter. Zahlreiche Tanzveranstaltungen und ein großer Ball
folgten der Auftaktveranstaltung. Inzwischen sei man so weit, dass das
Angebot auf weitere Tanzschulen in der Region ausgeweitet werde und ein
zweiter Ball im November mit noch mehr interessierten Tanzbegeisterten
anstehe.
Ob Tanzen oder gezieltes Krafttraining:
Bewegung stärkt die Muskulatur und schult die Koordination und beugt
damit auch Stürzen im Alter und bei Demenz vor. Jährlich stürzt fast jeder
Dritte der über 65-Jährigen und bis zu 60 Prozent der Menschen über 80
Jahre. Stürze und Sturzgefährdung können die Ursache von
Pflegebedürftigkeit sein und stellen ein schwerwiegendes Problem auch in
Alten- und Pflegeheimen dar. Daher hat die Landesinitiative
Demenz-Service NRW zusammen mit der nordrheinwestfälischen
Landesinitiative Sturzprävention für Seniorinnen und Senioren die
Entwicklung des „Landesbutton Sturzpräventive Einrichtung" unterstützt.
„Damit werden Einrichtungen ausgezeichnet, die den nationalen
Expertenstandard „Sturzprävention in der Pflege" des Deutschen Netzwerks
Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) umsetzen und damit einen aktiven
Beitrag leisten, gefährliche Stürze zu vermeiden", erklärt Christine
Sowinski von der Koordinierungsstelle der Landesinitiative Demenz-Service
NRW im KDA.
Die Landesinitiative Demenz-Service
Nordrhein-Westfalen ist eine 2004 ins Leben gerufene gemeinsame Plattform
verschiedener Akteure, in deren Zentrum die Verbesserung der häuslichen
Versorgung demenziell Erkrankter und die Unterstützung der sie pflegenden
Angehörigen steht. Sie wird finanziell getragen vom Ministerium für
Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, der
Stiftung Wohlfahrtspflege und den Landesverbänden der Pflegekassen. Elf
der Landesinitiative zugehörige Demenz-Servicezentren bieten in ihrem
jeweiligen Einzugsbereich allen Interessenten vielfältige Unterstützung
an.
Bei Rückfragen zu dieser Pressemitteilung
wenden Sie sich bitte an Ines Jonas, Koordinierungsstelle der
Landesinitiative Demenz-Service NRW, Tel: 0221/931847-19, E-Mail:
ines.jonas@kda.de. |