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Körperlich zuwenden

Auf regelmäßige körperliche Untersuchungen achten

Eine Demenz beansprucht die Aufmerksamkeit der Betreuer oft übermäßig. Andere Begleiterkrankungen werden dann leicht übersehen oder unzureichend behandelt. Achten Sie deshalb darauf, dass der Demenz-Kranke regelmäßig gründlich ärztlich untersucht wird. Leidet der Patient unter weiteren chronischen Erkrankungen, müssen diese optimal behandelt werden! Mitunter kann sich bei einer guten Therapie dieser Leiden auch die Demenz merklich bessern (Beispiele: Diabetes, Bluthochdruck, Depression).

Körperliche Erkrankungen im Blick behalten

Verhaltensstörungen von Demenz-Patienten sind nicht zwingend eine Folge der Demenz. Sie können auch Ausdruck einer begleitenden psychischen Erkrankung sein (Depression, Psychose), mit einem internistischen Leiden zusammenhängen (Sepsis, Organversagen, Vergiftung), auf körperliches Unwohlsein hinweisen (Schmerzen, Verstopfung, Luftnot, Harndrang) oder auf das Konto von Sinnesbeeinträchtigungen gehen (Sehschwäche, Schwerhörigkeit). Besonders beim erstmaligen oder einem überraschenden Auftreten von Verhaltensstörungen lohnt sich die Ursachensuche.

Körperliche Klagen ernst nehmen

Demenz-Kranke klagen häufiger über körperliche Störungen als über geistige Unzulänglichkeiten. Dies kann dazu verleiten, Äußerungen Demenz-Kranker über ihr körperliches Befinden nicht ernst zu nehmen. Die Patienten können körperliche Störungen aber sehr wohl wahrnehmen, lediglich die organische Zuordnung mißlingt oft.

Regelmäßige Hausarztkontakte anstreben

Vereinbaren Sie mit dem Hausarzt des Kranken möglichst regelmäßige Gespräche. Diese optimieren nicht nur die körperliche Versorgung des Kranken, sie entlasten auch den Betreuer und strukturieren den Alltag des Kranken.

Vorsicht vor Hausarztwechseln

Wechseln Sie den Hausarzt eines Demenz-Kranken nur nach sorgfältiger Abwägung von Vor- und Nachteilen. Durch die oft lebenslange Betreuung des Patienten ist dem Hausarzt dessen Geschichte und ursprüngliche Persönlichkeit so gut bekannt, dass Gedächtnis- und Kommunikationsstörungen des Kranken dann oft nicht so stark stören.

Demenz nicht für alles verantwortlich machen

Führen Sie nicht alle Verhaltensweisen des Demenz-Kranken auf seine geistige Verfassung zurück. Wenn sich beispielsweise ein Patient mit Kot beschmiert, so "protestiert" keineswegs immer nur die Seele, sondern mitunter auch der Darm (Verstopfung!). Manchmal befreit schon ein Abführmittel Patient und Umwelt von dem leidigen Problem.

Unruhe als körperlicher Hilferuf

Hinter der Unruhe eines Demenz-Kranken kann sich eine nonverbale Mitteilung oder eine Bitte um Hilfe verbergen. Schimpfen und Vorhaltungen steigern dann nur die Verwirrtheit und provozieren unnötige Aggressionen. Überprüfen Sie immer naheliegende Ursachen, wie Harn- oder Stuhldrang und Verstopfung. Führen Sie den Patienten sicherheitshalber lieber einmal zuviel als zuwenig zur Toilette.

“Leise” Symptome beachten

Achten und reagieren Sie nicht nur auf sozial besonders auffällige und störende Symptome einer Demenz, unter denen vor allem die Umwelt leidet (wie Aggressivität, Unruhe, Lärm). Als Hinweise auf ein schlechtes Befinden des  Kranken verdienen auch die “leisen” Zeichen Ihre Aufmerksamkeit, die besonders den Kranken belasten. Dazu gehören depressive Symptome (gedrückte Stimmung, Gefühl- und Antriebsarmut, Klagen, Weinen usw.). Im Gegensatz zur Grunderkrankung sprechen solche Symptome oft sehr gut auf Medikamente an.

Schmerzsignale erkennen

Auch Demenz-Kranke können unter Schmerzen leiden, was angesichts der Kommunikationsschwierigkeiten häufig vergessen wird! Prüfen Sie notfalls, ob der Betreffende nach Einnahme eines Schmerzmittels ruhiger wird. Gemessen an der möglichen Qual des Kranken ist die einmalige Gabe einer Schmerztablette harmlos.

An Beeinträchtigungen der Schmerzverarbeitung denken

Auch Demenz-Kranke reagieren auf körperliche Schmerzen. Allerdings scheinen sie Schmerzen emotional anders zu verarbeiten und Zusammenhänge zwischen potentiellen Gefahrenquellen und den von diesen ausgehenden Schmerzen nicht herstellen zu können. Rechnen Sie insbesondere immer dann mit einer Unfallgefahr, wenn der Kontakt mit der Gefahrenquelle neben einer reflektorischen Reaktion zusätzlich eine überlegte Handlung erfordert. So schreien zwar manche Demenz-Kranke, wenn sie ein heißes Getränk im Mund spüren. Sie schlucken es aber dennoch, statt es auszuspucken.

Medikamente anliefern lassen

Manche Demenz-Kranke kann man weder zum Einkaufen mitnehmen, noch sie längere Zeit alleine zu Hause lassen. Erkundigen Sie sich z.B. in ihrer Apotheke, ob diese Ihnen nicht die Medikamente kostenfrei zu Hause anliefern kann. Manche Apotheken bieten einen solchen Service. Entsprechendes gilt für Lebensmittel- oder Getränkehändler.

Ordnungsgemäße Medikamenten-Einnahme gewährleisten

Diese Aufgabe benötigt relativ wenig Zeit. Wer hier spart, muss dafür später oft weitaus mehr Zeit investieren: Sei es, weil der Demenz-Kranke untertherapiert ist, sei es, weil er versehentlich zu viele der Medikamente eingenommen hat und nun vermehrt unter Nebenwirkungen leidet. Es gibt verschiedene Dosierungshilfen, die eine ordnungsgemäße Medikamenteneinnahme erleichtern (z.B. zeitgesteuerte Arzneimitteldosen).

Zu Schönheit verhelfen

Es lohnt sich, das Äußere von Demenz-Kranken zu pflegen. Denn wer äußerlich attraktiv ist, dem schreibt die Umwelt oft auch andere positive Eigenschaften zu. So fördern Kosmetika und modische Kleidungsstücke möglicherweise die Wertschätzung des Kranken durch seine Umwelt und damit mittelbar auch das Selbstwertgefühl. Wer die Haut alter Menschen pflegt, verdeutlicht dem Betreffenden, dass sein Körper dies "wert" ist und weiterhin eine Quelle der Freude (nicht nur der Sorge) sein darf. Gepflegte Haut lädt auch eher dazu ein, berührt zu werden. Vorschläge: Haarwäsche, Haarfärben, Lippen- oder Wimpernstift.

Hygiene unterstützen

Beispiele: Demenz-Kranke Männer sollten möglichst bald von Nass- auf Trockenrasur umsteigen. Bei Gebissträgern ist auf eine regelmäßige Reinigung der Prothese zu achten. Die Einführung zeitlich festgelegter Reinigungsrituale erspart mitunter unnötige Erklärungen (Warum gerade jetzt gebadet werden soll). Wenn es sich bei dem Demenz-Kranken um Ihren Partner handelt, können Sie eventuelle Waschwiderstände sanft umgehen, indem Sie einfach gemeinsam mit dem Partner duschen.

Stressfrei Baden

Folgendes Vorgehen erleichtert es Demenz-Kranken, Hygienebäder zu genießen: 1. Wenden Sie sich dem Kranken während des Reinigungsvorgangs interessiert und aufmerksam zu und sprechen Sie entspannt mit ihm. 2. Lassen Sie das Wasser im Beisein des Kranken nur möglichst kurz aus dem Hahn oder dem Duschkopf fließen. 3. Geben Sie entkleideten Patienten zumindest ein großes Badetuch, damit sie sich bedecken können. 4. Verhelfen Sie dem Patienten zu einer möglichst angenehmen Umgebungs- und Körpertemperatur.

Auf gesunde Lebensführung achten

Ein Nikotin- und Alkoholverzicht fördert mit hoher Wahrscheinlichkeit das geistige Leistungsvermögen. So kann das Blut von Rauchern weniger gut Sauerstoff transportieren, weil es mit dem schädlichen Kohlenmonoxid beladen ist. Das Gehirn wird dann schlechter mit Sauerstoff versorgt. Die leistungsbeeinträchtigende Wirkung von Alkohol ist hinreichend bekannt (auch im Hinblick auf das Erinnerungsvermögen). Ersparen Sie es dem Kranken, sich in verqualmten Räumen aufzuhalten. Lüften Sie häufiger die Zimmer. Vielen Demenz-Kranken gelingt es erstaunlich rasch, sich das Rauchen abzugewöhnen, wenn kein anderer in der Familie raucht und deshalb weder Zigaretten noch Zigarren im Haus herumliegen.

Leibliches Wohlbefinden fördern

Bekannte Gerüche (Speisen, Düfte gewohnter Kulturartikel wie Parfüms, Rasierwasser oder Seifen), Lieblingsessen oder vertraute Musik können Atmosphären und Gefühle wecken, die mit vergangenen Lebensabschnitten verknüpft sind. Sie fördern das Wohlbefinden auch dann, wenn sich der Kranke nicht mehr konkret erinnern kann. Atmosphärisches, gefühlsmäßiges und leibliches Empfinden bleiben besonders lang erhalten.

Das Gehirn ernähren

Auch ungünstige Ernährungsgewohnheiten können das geistige Leistungsvermögen beeinträchtigen (z.B. üppige Mahlzeiten oder eine Unterzuckerung nach zu langem Fasten). Mehrere kleine, über den Tag verteilte Mahlzeiten sorgen dafür, dass dem Gehirn ständig Energie zur Verfügung gestellt wird. Die Anlieferung von "Essen auf Rädern" heißt noch lange nicht, dass der Kranke dieses auch verzehrt! Servieren Sie Mahlzeiten in mehreren kleinen Gängen, um den Kranken nicht zu überfordern.

Genügend Flüssigkeit zuführen

Eine im Alter oft erst spät erkannte Ursache von Konzentrations- und Orientierungsstörungen ist der Flüssigkeitsmangel. Er kommt zustande, weil das Durstgefühl im Alter nicht mehr so zuverlässig anzeigt, wann und wieviel Flüssigkeit ein Mensch braucht. Ältere Menschen müssen daher bewusst darauf achten, mindestens 1 bis 1,5 Liter Flüssigkeit täglich zu sich zu nehmen. Stark alkoholhaltige Getränke sind allerdings nicht zu empfehlen. Einem eingefleischten Bierfreund können Sie versuchsweise alkoholfreies Bier anbieten.

Nächtlichen Imbiss anbieten

Besonders in Pflegeheimen hat es sich bewährt, nachts umherirrenden Demenz-Kranken einen kleinen Imbiss oder zumindest ein Getränk in einem speziell dafür vorgesehenen Raum (mit Nachtwache) anzubieten. So lassen sich nicht nur allgemeine Krisensituationen bei Schlafstörungen und nächtlicher Unruhe entschärfen; diese Maßnahme wirkt besonders bei solchen Bewohnern, die aufgrund eines ausgeprägten nächtlichen Blutzuckerabfalls zu Schlafstörungen neigen.

Bewegung ermöglichen

Wer sich vermehrt bewegt, verbessert die Gehirndurchblutung. Dafür genügt schon ein bloßer Spaziergang. Manche ältere Menschen können besser denken, nachdem sie sich bewegt haben. Wahrscheinlich fördert Bewegung auch die Aktivität des Gehirns. Außerdem kann sie die Stimmung anheben, was besonders für depressive Menschen von Vorteil ist. Nicht zuletzt sind bewegliche und kräftige Menschen weniger sturzgefährdet.

Bedürfnissen nach Zuwendung, Zärtlichkeit und Sexualität Rechnung tragen

Denken Sie daran, dass auch demente Menschen Bedürfnisse nach Zuwendung, Zärtlichkeit und Sexualität haben, besonders wenn diese ein wichtiger Teil des Selbstbildes und Lebensinhaltes waren. Auch demente Menschen brauchen deswegen keine Scham- und Schuldgefühle zu entwickeln. Als Partner eines Demenz-Kranken können Sie dessen Wunsch nach sexuellem Kontakt als eine der wenigen ihm verbliebenen Möglichkeiten ansehen, Gefühle gegenüber einem Partner auszudrücken. Sexualität kann auch dann weiter beiderseits befriedigen und verbinden, wenn einer der Partner an Demenz erkrankt.

Auf Schlafstörungen individuell eingehen

Keineswegs alle Demenz-Kranke schlafen nachts länger und besser, wenn sie tagsüber weniger dösen und statt dessen aktiver sind. Beobachtungen haben gezeigt, dass tagsüber sehr aktive Patienten auch nachts weniger schlafen. Dagegen wurden Demenz-Kranke, die tagsüber öfter und länger dösten, auch nachts seltener wach. Offenbar gibt es Patienten, die sowohl tags wie auch nachts mehr Ruhe benötigen und umgekehrt solche, die zu beiden Zeiten wenig Bedürfnis zum Schlafen haben. Es ist deshalb wichtig, die individuellen Schlaf- und Wachmuster herauszufinden und ihnen Rechnung zu tragen. Scheuen Sie sich nicht, sich an eine Nachtpflegeeinrichtung zu wenden, wenn die Betreuer die Schlafzeiten des Patienten kaum tolerieren können.

Harndrang erkennen

Führen Sie über die Ausscheidungen des Kranken vorübergehend Buch. Mitunter lassen sich so “Regelmäßigkeiten” erkennen. Nässt der Kranke beispielsweise immer eine halbe Stunde nach Einnahme eines Getränks ein, können Sie ein solches “Malheur” verhindern, indem Sie ihn kurz zuvor zur Toilette führen. Achten Sie auf Signale des Kranken, mit denen er sein Bedürfnis ankündigt (z.B. Unruhe, Nesteln an der Kleidung, bestimmte Redewendungen). Verbinden Sie Toilettengänge möglichst mit gleich bleibenden Ereignissen (zum Beispiel den Mahlzeiten). Denn Routinen erleichtern den Vorgang für den Kranken und ersparen ihm so unnötige Irritationen.

Harninkontinenz entgegenwirken

Einer Harninkontinenz bei Demenz-Kranken lässt sich entgegenwirken, indem man ihre Fitness steigert und so die Beweglichkeit verbessert. Oft beeinträchtigen auch Betreuer die Mobilität des Kranken, indem sie diesen fixieren oder ihm müdemachende Medikamente verabreichen. Weitere Hilfen sind leicht zu öffnende Kleidungsstücke sowie deutlich ausgezeichnete, gut beleuchtete und behindertengerecht gestaltete Toiletten (Haltegriffe, erhöhte Toilettensitze). Abends sollte man eher weniger, insbesondere keine harntreibenden Flüssigkeiten anbieten (z.B. kein Bier).

Seelische Ursachen einer Inkontinenz ausschließen 

Eine Inkontinenz muss nicht immer eine körperliche Ursache haben. Manchmal versuchen Kranke auf diesem Weg, Konflikte mit der Umwelt auszutragen. Nicht zuletzt kann eine Inkontinenz auch Ausdruck einer Depression sein: Depressive leiden oft unter einer Antriebshemmung, die den Gang zur Toilette erschwert.

Sich mit dem Demenz-Kranken stationär aufnehmen lassen

Scheuen Sie sich nicht, vor (noch!) ungewöhnlich erscheinenden Vorgehensweisen: Lassen Sie sich gegebenenfalls als Begleiter eines Demenz-Kranken stationär in einem Krankenhaus aufnehmen, wenn der Betreute eine Krankenhausbehandlung benötigt (sog. Rooming-in, wie man es in Kinderkrankenhäusern schon lange kennt). So verhindern Sie, dass der Demenz-Kranke unnötig irritiert wird und wichtige Fähigkeiten verlernt (z.B. aufgrund des fremden Milieus oder einer Überversorgung). Solche Folgen lassen sich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus manchmal nicht mehr korrigieren.

Demenz-Kranke im Sterben begleiten

Wenn Demenz-Kranke sterben, benötigen sie nicht weniger Zuwendung als ein geistig gesunder Mensch. Dies wird leider oft vergessen! Auch Demenz-Kranke darf man nicht allein lassen. Nichtsprachliche Kontakte (Hände halten, Schweiß abwischen, Hand auflegen, Streicheln, in die Arme nehmen, Anlächeln) sind von besonderer Bedeutung, da der Tastsinn als letzter aufhört zu funktionieren. Eine optimale körperliche Pflege bietet auch im Sterben die Chance zur menschlichen Begegnung. Bilden Sie gegebenenfalls mit dem Kranken eine "Atemgemeinschaft" (Dabei atmet man im Rhythmus des Kranken und macht das Ausatmen durch Summen, Tönen oder Singen hörbar).