Denkhilfen
Zur
Demenz stehen
Wenn
Demenz-Betroffene ihre Beeinträchtigungen wahrnehmen und im Kontakt mit
anderen ausdrücken, kann dies die gegenseitige Beziehung fördern:
Symmetrie und Selbstbewusstheit bleiben länger erhalten. Auf
Versteckspiele und Vortäuschungen kann verzichtet werden.
Erfreulicherweise setzt sich die Öffentlichkeit vermehrt mit Fragen der
Demenz auseinander. Dies verringert die Scheu, sich der Angst vor einem
derartigen Leiden bewusst zu stellen.
Sichtweisen verändern
Oft
sind es nicht so sehr die Vorkommnisse, die einen Betreuer belasten,
sondern die Art und Weise, wie er diese bewertet. So kann man fragen, ob
wirklich der umherirrende Demenz-Kranke “unruhig” ist oder ob ein
solches Verhalten nicht eher die “Ruhe” des Betreuers stört. Könnte
es in diesen Fällen nicht auch sein, dass die Kranken aus Bewegungslust
handeln und dass ihr Umherwandern sogar gesteigerte Lebendigkeit ausdrückt?
Wenn Sie einmal so die Perspektive wechseln, werden Sie vielleicht weniger
nach Mitteln und Maßnahmen suchen, um den “unruhigen” Kranken endlich
“ruhig zu stellen”. Vielleicht werden Sie sich statt dessen fragen,
was Sie für sich selbst tun können, um im Zusammenleben mit dem
Demenz-Kranken mehr Ruhe zu bewahren.
Versäumte
Chancen nicht nachholen wollen
Verfallen
Sie nicht der Hoffnung, durch eine besonders aufopfernde Pflege, eine
schon lange ersehnte Zuwendung des Betreuten erhalten zu können. Vor
allem Töchter Demenz-Kranker lassen sich von einer solchen Vorstellung
oft leiten. Ähnlich wie vielleicht schon in Ihrer Kindheit werden Sie möglicherweise
erneut enttäuscht werden. Zusätzlich droht dann auch noch die Gefahr,
dass Sie sich selbst die Schuld zuschreiben!
Demenz
nicht als „Zerstörung“ der Person interpretieren
Immer
wieder hört und liest man, dass die Demenz die Person "verlöschen lässt"
bzw. sie "zerstört". Wer so denkt, übersieht leicht, dass er
es weiter mit einem Menschen zu tun hat, der Achtung verdient. Wenn man in
der Demenz eher eine "Verschattung" oder ein sich
"Verbergen" der Person sieht, erleichtert man es sich als
Betreuer, dem Kranken weiter respektvoll zu begegnen und seine Veränderungen
zu ertragen.
Hoffnungsvoller
in der Zukunft sehen
Dieser
Hinweis spricht die Erfahrung vieler Pflegender an, dass die Belastung für
die Betreuer keineswegs mit dem Fortschreiten des Leidens zunehmen muss.
Viele Betreuer leiden nämlich nur anfänglich unter dem Gefühl, die
Pflege “nicht im Griff” zu haben. Sicherheit und Erfahrung nehmen im
Laufe der Zeit dann doch rasch zu. Aufgrund der zunehmenden Bettlägerigkeit
entfallen in fortgeschritteneren Demenz-Stadien auch manche
Verhaltensweisen, die den Betreuern zunächst besondere Probleme bereiten
(wie Weglaufen und Umherirren).
Sich
aus gedanklichen Fallstricken befreien
Viele
geläufige Denkmuster erschweren den Umgang mit Demenz-Kranken und engen
Handlungsspielräume unnötig ein. Zu ihnen gehören
-
Fragen
mit lediglich zwei Alternativantworten “Behandlung: ja oder
nein?”,
-
hinderliche
Grundüberzeugungen (“Die Demenz ist nicht behandelbar”),
-
eingefahrene
Lebensregeln (“Zeit muss genutzt werden” “Ordnung ist mehr wert
als Unübersichtlichkeit”),
-
Abwertungen
(Demenz als “Persönlichkeitsverfall”, “sinnloses Geschwätz
Dementer”) und
-
andere
emotional behaftete Begriffe (“Persönlichkeitsverfall”,
“Verkalkung”, “Verkindlichung”, “Nahrungsverweigerung”,
“Demenz-Epidemie”, “Demenz-Gefahr”).
Vor
allem emotional behaftete Begriffe verleiten besonders dazu, Krankheit und
Kranke zu bekämpfen. Abwertungen kann man beispielsweise begegnen, indem
man im “sinnlosen Geschwätz” auch phantasievolle kreative Schöpfungen
erkennt. Anhaltende und von Geräuschen begleitete Lippen- und
Mundbewegungen lassen sich auch als Lusterlebnisse bzw. als Freude am
Bewegungsgenuss interpretieren.
Krankheitsverlangsamung
als Behandlungserfolg schätzen
Die
Demenz ist eine chronische Erkrankung (wie viele rheumatische Leiden oder
die “Zuckerkrankheit”). Ähnlich wie Krebserkrankungen schreitet sie
kontinuierlich voran. Bei solchen Leiden stellt nicht nur die Heilung
einen “Erfolg” dar, sondern auch die Verlangsamung des
Krankheitsverlaufs. Wer nur auf Heilung hofft, wird daher bei einer Demenz
unzufrieden bleiben. Wer dagegen auch auf andere Kriterien achtet
(Verbesserung des Allgemeinbefindens, langsameres Voranschreiten der
Grunderkrankung) wird sich am Nutzen einer medikamentösen Behandlung
erfreuen können.
Probleme
altersangemessen bewerten
Folgendes
Beispiel zeigt, wie unangemessen es sein kann, Alltagsleistungen von jüngeren
und älteren Menschen miteinander zu vergleichen: Für einen 20jährigen
haben vielleicht nur 500 Namen eine solche Bedeutung, dass es für ihn
wichtig ist, sich an diese zu erinnern. Bei einem 60jährigen sind es
dagegen möglicherweise bereits 2.000 Namen. Dass es leichter ist, sich
unter 500 Namen zurechtzufinden als unter 2.000, leuchtet von selbst ein.
Hoffnungsverlust
nicht als Untreue werten
Betrachten
Sie es nicht als “Untreue” oder “emotionalen Mord”, wenn Sie Dinge
des schwer Demenz-Kranken weggeben oder wegwerfen oder Sie das gemeinsame
Haus grundlegend umgestalten. Lösen Sie sich von der Vorstellung, ähnlich
wie bei einem vermissten Kind alles unberührt lassen zu müssen, weil das
Kind ja eines Tages doch noch plötzlich zurückkommen könnte.
Im
Vergessen auch Vorteile entdecken
Die
Schwierigkeit, neue Informationen zu speichern, beinhaltet auch Vorteile.
So vergessen Demenz-Kranke vermutlich unangenehme Reize (wie auch
Streitigkeiten und Auseinandersetzungen), sobald diese aus dem
Wahrnehmungsbereich verschwinden. Sie sind deshalb meist nicht
“nachtragend”. Man braucht sich ihnen gegenüber nicht zu verstellen:
Die Kranken akzeptieren den Betreuer so, wie er gerade ist und sich fühlt.
In fortgeschrittenen Erkrankungsphasen ist jeder Tag mit einem
Demenz-Kranken ein neuer Tag, an dem alles wieder von vorne losgeht.
Glaubenssätze
nicht mit Tatsachen verwechseln
Machen
Sie sich die Gefahr bewusst, Vermutungen mit Tatsachen zu verwechseln.
Verzichten Sie auf den Gebrauch solcher “Glaubenssätze”, insbesondere
wenn sie auch noch abwertend sind (wie “Mit ihm ist doch nichts mehr
anzufangen.” “Er weiß sowieso nicht, was vor sich geht.” “Sie
macht es absichtlich.”)
Verhalten
Dementer zurückhaltend interpretieren
Ausgehend
vom gesunden Menschenverstand neigt man schnell dazu, Verhaltensweisen
anderer Menschen zu bewerten. So neigt man dazu, einen Menschen als
“enthemmt” oder “sexuell gestört” zu bezeichnen, wenn er
halbnackt oder mit offenem Hosenschlitz umherläuft. Bei Demenz-Kranken
kann sich in einem solchen Verhalten aber auch deren Unvermögen
widerspiegeln, sich korrekt anzuziehen bzw. sich selbst zu pflegen. Viele
Beurteilungen drücken mitunter mehr die veränderte Sichtweise des
Beurteilers aus und tragen damit wenig dem Verhalten des Beurteilten
Rechnung. So kann es in einer Partnerschaft jahrelang normal sein, wenn
der Mann die Brüste seiner Frau berührt. Erkrankt der gleiche Mann dann
an einer Demenz und verliert die Ehefrau das sexuelle Interesse an ihm,
kann es sein, dass die Partnerin sein früher “normales Verhalten”
jetzt als unangemessen einstuft.
Sich
vom Diktat unnötiger Verhaltensnormen lösen
Im
Umgang mit Demenz-Kranken machen die Regeln des Knigge wenig Sinn. Es ist
deshalb nichts dagegen einzuwenden, wenn der Pflegebedürftige einmal mit
Tageskleidern ins Bett geht. Niemand - auch kein Demenz-Kranker - sollte
zum Ausziehen gezwungen werden. Großzügigkeit ist mitunter auch gegenüber
einer gelegentlichen “Katzenwäsche” angesagt, sofern nicht zwingende
medizinische Gründe eine konsequente und gründliche Reinigung erfordern
(z.B. Ekzeme oder Druckgeschwüre). Pflegebedürftige sind eher bereit,
sich waschen zu lassen, wenn alte Gewohnheiten oder bestimmte Zeiten
eingehalten oder eine bestimmte Seife benutzt wird, wenn die Badewanne mit
Haltegriffen und einer rutschfesten Matte ausgestattet ist, wenn der
Kranke die Temperatur des Wassers selbst bestimmen darf und das Badezimmer
gut vorgewärmt ist. Pflegebedürftige sollten sich im Intimbereich möglichst
selbst waschen dürfen, sofern ihnen dies möglich ist.
Normabweichungen
tolerieren
Fragen
Sie sich bei ungewohnten Verhaltensweisen des Kranken, ob eine
“Korrektur” wirklich notwendig ist. Möchte er zum Beispiel mit seinem
Hut schlafen, so schadet dies niemandem.
Im
Verrückten “Normales” erkennen
Demenz-Kranke
sind aufgrund ihrer Gedächtnisschwierigkeiten erheblichen Schwierigkeiten
und oft dramatisch veränderten Lebensbedingungen ausgesetzt. Angesichts
einer äußerst “unnormalen” Situation verhalten sie sich im Grunde
ziemlich normal. Meist handeln sie nicht wesentlich anders, als
“gesunde” Menschen dies in merkwürdigen, fremden und bedrohlichen
Situationen und in Augenblicken der Unsicherheit ebenfalls tun: Vor allem
suchen sie die Nähe eines anderen.
Gesellschaftliche
Bezüge erkennen
Jede
Gesellschaft entscheidet darüber, was sie als “krank”, “wertvoll”
oder “annormal” betrachten will. So gibt es Gesellschaften, die
wohlwollend mit Demenz-Kranken umgehen, weil sie sich vorstellen, dass die
Betreffenden “ihren Geist an die Jüngeren weitergegeben haben”. Eine
solche “Großzügigkeit” ermuntert vermutlich zu einem viel
wohlwollenderen Umgang mit Dementen als die Vorstellungen westlicher
Gesellschaften von einem “geistigen Verfall”. Die “Hilflosigkeit”
eines Menschen wird immer auch vom Engagement seiner Umwelt beeinflusst.
Wie “hilflos” beispielsweise jemand im Ausland ist, hängt davon ab,
wie sehr man ihn dort unterstützt und mit Hilfsmitteln (z.B. Wörterbüchern)
ausstattet. Wenn Demenz-Kranke besonders hilflos wirken, so liegt dies
unter anderem auch daran, dass sich ihre Umwelt durch den sozialen Wandel
(Technisierung, Beschleunigung, Vereinzelung der Menschen) im Vergleich zu
ihrer Jugend sehr verändert hat und sich ständig weiter verändert.
Fazit: Nicht nur biologische Prozesse machen krank, sondern auch eine sich
verändernde Umwelt, zu der man den “Anschluss verliert”.
Den
Medikamenten Zeit zur Wirkung lassen
Arzneimittel
zur Behandlung einer Demenz (sog. Nootropika) benötigen oft mehrere
Wochen, bevor sich ihre Wirkung zeigt. Sie verhelfen sich selbst zu
Geduld, indem Sie daran denken, dass auch Nervenzellen Zeit zur Erholung
brauchen.. In aller Regel hat sich ja auch die Demenz nicht von heute auf
morgen, sondern allmählich entwickelt.
“Verhaltensstörungen”
des Kranken tolerieren
Nicht
jede "Verhaltensstörung" eines Demenz-Kranken verlangt ein
"Eingreifen", zumal sich der Kranke selbst meist nicht daran stört.
So kann man beispielsweise einen schreienden Patienten in eine Umgebung
bringen, wo sein Lärm niemandem auf die Nerven geht. Wenn man auf “störendes”
Verhalten (Prüffrage: Wer ist der Gestörte?) zu sehr eingeht, läuft man
eher Gefahr dieses zu verstärken. Oft ist es besser, Schreien zu
ignorieren und statt dessen prompt auf Ruhe positiv zu reagieren. Wenn Sie
schon darauf eingehen, dann tun Sie es möglichst milde und gütig;
verzichten Sie insbesondere auf “Strafe”. Wut lässt sich manchmal als
Energiequelle nutzen und in konstruktive Bahnen lenken (z.B. in Bewegung
durch Spazieren, Tanzen oder Schaukeln im Schaukelstuhl). Leiten Sie
motorisch sinnloses Verhalten (wie Nesteln) gegebenenfalls in sinnvolle Tätigkeiten
um (wie Besteck sortieren). Aggressionen sind seltener, wenn man das
Selbstwertgefühl des Kranken achtet. Überlegen Sie, ob manche
“Verhaltensstörungen” nicht sogar Sinn machen: So ist dauerndes
Umherwandeln nützlich, da es die Gehirndurchblutung fördert! Möglicherweise
spürt der Kranke intuitiv, dass er sich nach seinen langen Wanderungen
wohler fühlt. Warum sollte man seine Wanderwege nicht nur frei von
Hindernissen, sondern auch abwechslungsreich und stimulierend gestalten?
Demenz-Vererblichkeit
nicht überbewerten
Nach
dem Stand des heutigen Wissens brauchen Sie sich als Betreuer nicht unnötig
beunruhigen, wenn sie zu Demenz-Kranken in einem verwandtschaftlichen Verhältnis
stehen. So finden sich bei über 90 Prozent aller Alzheimer-Patienten
keine Hinweise auf eine familiäre Häufung von Erkrankungsfällen, die
entsprechende Sorgen begründen würden. Es kommt hinzu, dass künftige
Generationen zunehmend günstigere Ausgangsbedingungen haben (z.B. eine
bessere Bildung, die in einigen Untersuchungen einen schützenden Effekt
zeigte).
Im
Kranken ein Spiegelbild eigener Einstellungen sehen
Vor
allem berufsmäßige Helfer in Heimen sollten sich fragen, ob resignatives,
müdes oder kraftloses Verhalten des Bewohners nicht auch die
entsprechenden Einstellungen der Betreuer zu ihrer Arbeit und den
Heimbewohnern widerspiegelt.
In
Beurteilungen sich selbst erkennen
Nutzen
Sie Ihre spontanen Aussagen über das Verhalten das Kranken, um darin eine
Widerspiegelung Ihres eigenen Erlebens zu erkennen. Denn Aussagen, nach
denen der Demenz-Kranke “umherirrt”, “vor sich hin starrt” oder
“Unverständliches brabbelt”, sagen weitaus mehr über Sie selbst als
Beobachter aus als über das Erleben des Kranken. Vielleicht “sucht”
der Patient ja etwas, träumt er gerade, erfreut er sich an den selbst
erzeugten Tönen oder versteht selbst sehr wohl, was er meint.
Auf
den Kranken “ausstrahlen”
Untersuchungen
zeigen, wie stark Betreuer durch ihr Vorbild bzw. ihre Stimmung
Demenz-Kranke beeinflussen können. Demonstrieren die Betreuer Passivität
(indem sie etwa bei sozialen Veranstaltungen nur zuschauen, statt
mitzumachen), halten sich auch die von ihnen betreuten Patienten eher zurück.
Dabei ist das zwischenmenschliche Geschehen keineswegs einseitig:
Umgekehrt kann ein aktiver und zufriedener Kranker auch beim Betreuer
vergleichbare gute Gefühle erzeugen bzw. wird ein “unruhiger” Patient
über kurz oder lang auch den Betreuer “beunruhigen”.
Nicht
alles der Demenz anlasten
Auch
für normales Altern gilt, dass es “typische” Persönlichkeitszüge
eines Menschen stärker hervortreten lässt. Warum soll für alternde
Demenz-Kranke etwas anderes gelten? Allerdings neigt bei ihnen die Umwelt
dazu, zugespitztes Verhalten als dramatisch zu erleben. Erinnert man sich
an frühere Persönlichkeitseigenschaften eines Dementen, dann macht
manches unverständlich wirkende Verhalten mitunter sogar Sinn, da ähnliche
Verhaltensweisen früher erfolgreich vom Kranken zur Lebensbewältigung
eingesetzt worden waren. So sind manche vermehrt umher wandernde
Demenz-Kranke schon in “gesunden Zeiten” aktivere Menschen gewesen,
die sich überdurchschnittlich engagierten, viele Lebenskrisen zu bewältigen
hatten, auf Stress verstärkt motorisch reagierten und überhaupt
bewegungsbetonter lebten. Wiederum andere Demente waren bereits vor ihrer
Erkrankung verhaltensauffällige und sozial schwierige Menschen, geistig
Behinderte oder psychisch Kranke. Mit dem Verlust geistiger Fähigkeiten
durch die Demenz nimmt bei diesem Personenkreis auch die bislang noch mögliche
Selbstkontrolle ab, während sich gleichzeitig auffällige oder krankhafte
Persönlichkeitsanteile relativ verstärken.
Nicht
alles dem schlechten Gedächtnis anlasten
Junge
Menschen entschuldigen ihre Vergesslichkeit auf unterschiedliche Weise.
Beispiele: Ich hatte zuviel zu tun. Ich bekam zu viele Informationen
gleichzeitig. Ich war mit den Gedanken bei etwas anderem. Ich wurde
abgelenkt. Es ist zu lange her. Es interessierte mich nicht. Ich war
furchtbar müde. Warum sollten solche Zusammenhänge für Demente nicht
auch gelten?
Vorstellungen
von Demenz relativieren
Die
Konzentration besonders schwerer Demenz-Verläufe in Pflegeheimen und die
fast ausschließliche Behandlung problematischer Aspekte der Demenz in
Wissenschaft und Literatur erzeugen die Vorstellung, als gehe Demenz
zwangsläufig mit Unruhe, Eigensinnigkeit, sexueller Enthemmung und
Aggressivität einher. Tatsache ist jedoch, dass der Krankheitsprozess bei
sehr viel mehr Betroffenen in den fortgeschritteneren Stadien zu einer
milden euphorischen Stimmung führt, in der sie in einer
freundlich-zugewandten seelischen Grundverfassung sehr leicht zu heiteren
Reaktionen imstande sind. Diese Patienten werden dann meist von einem verlässlichen
Strom zugewandter Gefühle getragen und lösen wenig Zweifel und Schuldgefühle
bei ihren Betreuungspersonen aus.
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